4. November 2020

AGV-Praxis: Brandschutzmängel – muss alles verfolgt werden?

Autor: Fritz Lörtscher, Bereichsleiter Brandschutz, Aargauische Gebäudeversicherung

 

Die Aargauische Gebäudeversicherung (AGV) sorgt für die Sicherstellung des Brandschutzes im Kantonsgebiet. Sie erteilt unter anderem die in ihre Zuständigkeit fallenden Brandschutzbewilligungen und führt Abnahme- und periodische Kontrollen (Feuerschau) durch. So steht es im Brandschutzgesetz des Kantons Aargau (§ 13 Abs. 1 lit. b). Bei den Kontrollen werden oft Mängel erkannt, die für die Erfüllung des Schutzziels untergeordnet sind, aber trotzdem behoben werden müssen. Rechtfertigt sich in einem solchen Fall der Aufwand durch Nachkontrollen und strafrechtliche Verfolgungen oder sollten die vorhandenen Ressourcen nicht besser in gravierende Mängel investiert werden?

Die AGV hat diese Frage geprüft. Sie ist zum Schluss gekommen, dass eine differenzierte Überprüfung der Mängelbehebung durchaus möglich ist, ohne die Sicherheit zu vernachlässigen. Daraus entstand ein Prozessablauf, der vorsieht, die Mängel in zwei Kategorien aufzuteilen: in schutzzielrelevante (A) und nicht schutzzielrelevante (B).

Schutzzielrelevanter (A-)Mangel

A-Mängel beeinträchtigen Brandabschnitte oder andere grundlegende Elemente eines Brandschutzkonzeptes gravierend und können somit den Verlauf eines Brandereignisses massgebend negativ beeinflussen.

Beispiele:

  • fehlende Türschliesser an Brandschutzabschlüssen
  • Öffnungen in brandabschnittsbildenden Wänden
  • nicht bewilligte Lagerung von Materialien mit grosser Brandlast (Pneus usw.)

Werden A- Mängel festgestellt, dokumentiert die AGV diese in Schriftform und fordert die Eigentümerschaft mit einer Mängelverfügung auf, diese zu beheben. Inhalt dieser Verfügung sind auch Frist und Termin der Nachkontrolle. Sind die Mängel bei der Nachkontrolle nicht behoben, erfolgt seitens AGV die Meldung an die Strafverfolgungsbehörden. Bei Mängeln, die eine gravierende Personengefährdung zur Folge haben, muss im Rahmen der Verhältnismässigkeit über Zwangsmassnahmen wie beispielweise Ersatzvornahme (Instandsetzung durch die AGV) oder Gebäudeschliessung entschieden werden.

Nicht schutzzielrelevanter (B-)Mangel

B-Mängel beeinträchtigen Brandabschnitte oder andere grundlegende Elemente eines Brandschutzkonzeptes nur geringfügig oder sind eine Momentaufnahme, deren Behebung jederzeit erfolgen kann.

Beispiele:

  • unterkeilte Tür (Brandschutzabschluss)
  • fehlender Handfeuerlöscher
  • falsche Lage Fluchtwegzeichen

Werden B- Mängel festgestellt, dokumentiert die AGV diese ebenso in Schriftform und fordert den Eigentümer mit einer Mängelverfügung auf, diese zu beheben. Inhalt dieser Verfügung sind auch Frist und Termin der Nachkontrolle. Die Beseitigung kann durch Bestätigung seitens der Eigentümerschaft, zum Beispiel mit einer Fotoaufnahme und Unterschrift, erfolgen. Erfolgt bis zum Fristablauf keine Bestätigung der Mängelbehebung, weist die AGV die Eigentümerschaft schriftlich auf ihre Eigenverantwortung und allfällige Haftungsfolgen im Falle eines Brandes hin.

Fazit

Die Differenzierung in A- und B- Mängel vereinfacht den Prozess der Brandschutzkontrollen. Mängel werden gemäss ihrer Bedeutung verfolgt. Dieses Vorgehen ermöglicht ein stufengerechtes, schlankes Verfahren und die vorhandenen Ressourcen dort einzusetzen, wo die Verfolgung der Mängelbeseitigung besonders wichtig und von öffentlichem Interesse ist. Die Grundsätze dieses Vorgehenskonzeptes sind auch im Bereich des kommunalen Brandschutzes anwendbar.

 

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