20. Juni 2023

Gefahrenhinweiskarte Massenbewegungen

Autorin: Eva Kämpf, Fachspezialistin Weiterbildung Prävention, Aargauische Gebäudeversicherung

 

Hinweisen auf eine Gefährdung durch Massenbewegungen (z.B. Steinschlag, Rutschungen) muss die Baubewilligungsbehörde seit jeher nachgehen (§ 17 VRPG) und geeignete Schutzmassnahmen verlangen (§ 52 BauG). Als mögliche Grundlagen dienen Hinweise auf eine "bekannte Gefährdung" und neu: die Gefahrenhinweiskarte Massenbewegungen. Eine "bekannte Gefährdung" ergibt sich zum Beispiel aus dem Wissen über vergangene Ereignisse und dem Naturereigniskataster.

Naturereigniskataster

Der Naturereigniskataster zeigt alle bekannten Ereignisse im Bereich Massenbewegungen (Rutschungen, Sturz, Absenkungen) und Wasser. Der Ereigniskataster wird nach neuen Ereignissen nachgeführt. Der Kataster kann auf dem Geoportal des Kantons Aargau eingesehen werden: www.ag.ch/geoportal

Gefahrenhinweiskarte Massenbewegungen

Die Gefahrenhinweiskarte Massenbewegungen wurde unter der Projektleitung des Departements Bau, Verkehr und Umwelt, Abteilung für Umwelt erarbeitet und ist seit Ende September 2022 im Geoportal des Kantons Aargau öffentlich zugänglich: www.ag.ch/geoportal

Die Gefahrenhinweiskarte Massenbewegungen wurde auf der Basis von kantonsweit digital verfügbaren Unterlagen modelliert, mit dem Naturereigniskataster abgeglichen und im Feld punktuell verifiziert. Sie gibt einen Überblick über potenzielle Gefährdungen durch Sturz (Steinschlag, Blockschlag), spontane Rutschungen und Hangmuren, permanente Rutschungen sowie Erdfall und Einsturz (insbesondere Dolinenbildung). Die Karte macht keine Aussagen, wie häufig und mit welcher Intensität ein Ereignis auftritt.

Umsetzung im Baubewilligungsverfahren

Die Baubewilligungsbehörden sind verpflichtet, offenkundige Gefahrenhinweise mitzuteilen und gegebenenfalls abklären zu lassen (§ 17 VRPG). Hinweise auf eine "bekannte Gefährdung" ergeben sich zum Beispiel aus dem Wissen über vergangene Ereignisse der Gemeinde, von Ortskundigen und aus dem Naturereigniskataster. Liegt für die Parzelle ein Hinweis auf eine solche "bekannte Gefährdung" vor, sind mit dem Baugesuch Schutzmassnahmen aufzuzeigen.

Die Gefahrenhinweiskarte Massenbewegungen ist zurzeit noch keine verbindliche Grundlage für raumwirksame Tätigkeiten. Weist die Karte für eine Parzelle eine potenzielle Gefährdung auf, wird der Bewilligungsbehörde empfohlen, einen Hinweis auf eine mögliche Gefährdung zu machen. Die Umsetzung von freiwilligen Massnahmen wird empfohlen. Denn nach einem Schaden kann die AGV geeignete Schutzmassnahmen verlangen. Nachträgliche Massnahmen sind in der Regel teurer.

Einem Hinweis auf der Gefahrenhinweiskarte Massenbewegungen muss die Behörde demnach erst dann nachgehen, wenn zusätzlich eine "bekannte Gefährdung" vorliegt. In diesem Fall ist ein Nachweis über Schutzmassnahmen zu verlangen.

Wie unterstützt die AGV?

Die AGV unterstützt die Bewilligungsbehörden, indem sie ihre bestehenden Prozesse um den Sachinhalt Massenbewegungen erweitert hat:

  • Das BVU-Merkblatt "Umsetzung des Überschwemmungsschutzes im Baubewilligungsverfahren" ist ersetzt worden durch das Merkblatt "Umsetzung Überschwemmungs- und Naturgefahrenschutz im Baubewilligungsverfahren". Das neue Merkblatt behandelt nun alle Naturgefahren:
    www.agv-ag.ch/praevention/elementarschaden/dokumente
  • Die Gefährdungsübersicht der AGV ist mit dem Naturereigniskataster und der Gefahrenhinweiskarte Massenbewegungen erweitert worden: www.agv-ag.ch/gk
  • Die AGV-Stellungnahme zur materiellen Prüfung des Hochwasserschutznachweises zu Händen der Baubewilligungsbehörden wird mit Hinweisen zu Massenbewegungen ergänzt.
  • Die AGV-Seminare für Baubewilligungsbehörden und Planende thematisieren neu auch die Massenbewegungen und deren Umsetzung im Baubewilligungsverfahren.

Fazit

Im Baubewilligungsverfahren sind sowohl der Ereigniskataster als auch die Gefahrenhinweiskarte Massenbewegungen zu konsultieren. Die Gefahrenhinweiskarte Massenbewegungen gibt erst in Verbindung mit dem Naturereigniskataster einen klaren Hinweis, wo Abklärungen zur Gefährdung durch Massenbewegungen sinnvoll und zweckmässig erscheinen und verlangt werden müssen.

 

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